Dieses Wochenende war sehr traurig für mich. Ich habe Polly gestern Abend zu Ihrem neuen zu Hause gefahren. Es ging mit dem Auto von Giesing, einmal quer über die Isar nach Sendling, in den Garten von meiner ältesten Freundin in München. Ich bin sehr froh, dass Sie Polly aufgenommen hat. Die letzten Wochen hat sich gezeigt, dass es in der Stadt nicht so einfach ist einen Standort für Bienen zu finden, vor allem wenn man selbst keinen Grund besitzt oder einen Schrebergarten hat.
Ich hatte ähnliche Erfahrungen auch schon letztes Jahr gemacht, als ich bei den Staatsforsten, der Stadt selbst oder den Friedhöfen angefragt hatte. Es wird einerseits viel dafür geworben, dass die jeweiligen Stellen die Bienenhaltung unterstützen, wenn man dann jedoch die verantwortlichen Personen kontaktiert relativiert sich diese Unterstützung schnell.
Auch die Anfrage bei meinen Vermietern, die Bienen in den begrünten Innenhof zu stellen, der sogar einen idealen Platz hinter Büschen geboten hätte, war nicht von Erfolg gekrönt. Um so mehr war ich erleichtert, als meine Freundin anbot Polly aufzunehmen. Sie und Ihre Familie haben Polly mit offenen Armen empfangen. Polly hat jetzt einen guten Standort am Rande des Gartens zwischen Büschen und einer Hecke und wird sicher in den vielen Hinterhofgärten die es dort gibt genug Nektar finden.
Auch wenn es dort ebenso kritische Nachbarn gibt, hoffe ich doch, dass diese sich bald von der Realität ihre Ängste und Befürchtungen nehmen lassen. Ich habe auf jeden Fall beschlossen, mich nun verstärkt um einen Schrebergarten zu bewerben, oder vielleicht ergibt sich mal die Chance ein kleines Stück Wiese am Stadtrand zu kaufen. Ich werde nicht aufgeben.
Mein Traum ist es, dass jeder der es möchte sich seine Bienen auf dem Balkon, der Terrasse oder dem Garten halten kann. Die Versorgung mit Honig würde dezentraler und die Menschen würden der Natur wieder näher gebracht. Das was in unseren Gartenbauzentren teilweise angeboten wird ist mitunter gruselig und die Pflanzen tun einem direkt leid. Spiraltujen, Riesenprimeln, Geranien oder sonstige hoch kultivierten Pflanzungen haben sicher ihre Berechtigung, doch ich denke, dass das Verhältnis stimmen muss. Der Natur sollte ein bisschen von dem zurück geben werden, was wir Ihr mit unserem bisher unbegrenzten Wachstum jeden Tag und in exponentieller Geschwindigkeitszunahme nehmen.
Die Konzepte von vertikalen Farmen und Gärten, wie wir Sie von unseren Nachbarn, den Niederländern kennen, könnten jederzeit in unseren Städten auf den vielen ungenutzten Balkonen in einfacher Form, durch naturnahe Bepflanzung und Insektenhabitate umgesetzt werden. Ich arbeite zumindest daran und hoffe, dass es immer mehr Nachahmer geben wird.
Wie auch immer es kommen wird. An meinen leeren Balkon und die Stille, die dort nun wieder tagsüber herrscht werde ich mich wohl noch eine Weile nicht gewöhnen können. Für viele mag es unglaublich erscheinen, aber die Anwesenheit eines Biens auf dem Balkon, in direkter Nähe, hat eine sehr beruhigende Wirkung. Auch viele meiner Nachbarn haben den Wegzug der Bienen sehr bedauert. Erst heute erzählte mir meine Nachbarin über mir, eine ältere Dame, wie sie sich immer gefreut habe, wenn die Bienen an Ihrem Balkon umher flogen und ab und zu mal eine auf Ihrer Hand gelandet war, als sie dort saß und ein Buch las. Wenn ich meine Nachbarn so höre, kann ich noch schwerer nachvollziehen, welches Problem dann die Hausverwaltung damit überhaupt hatte.
Die Umsetzung des Umzugs war nicht ganz einfach. Man muss das Volk mehr als drei Kilometer von dem ursprünglichen Standort bringen, weil sonst die Flugbienen wieder zu dem alten Platz zurückkehren würden. Pollys neues zu Hause ist knapp 3 Kilometer entfernt. Zur Sicherheit habe ich vor das Flugloch noch ein paar Zweige gelegt. Das ist ein Trick, mit dem man ein Volk auch um wenige Meter versetzen kann, da die Bienen merken, dass etwas anders ist und sich Ihren Standort neu einprägen. Man simuliert damit, dass der Baum in dem die Bienen natürlicher Weise leben umgefallen ist. Ohne das könnten die Bienen ihren Stock nicht wiederfinden, auch wenn er nur einen Meter verrückt würde. Für mich ist das faszinierend.